von Birgit Schürmann

Was die kultigen Sprüche von Bruce Darnell mit rhetorischen Stilmitteln der Antike gemeinsam haben

Bruce Darnell erwarb sich mit seinen emotionalen Auftritten Kultstatus. Erinnern Sie sich an: Die Tasche muss lebendig sein!, Drama, Baby, Drama! oder Das war super, super, super langweilisch!? Kaum zu glauben, aber wahr - hinter seinen legendären Sprüchen stecken rhetorische Stilmittel der Antike. Wer hätte das gedacht?

Rhetorische Stilfiguren lernen wir - je nach Engagement der Deutschlehrenden - in der Schule, aber das wars dann auch. Wie schade, denn sie werten jeden Vortrag auf. Mehr noch: Sie verleihen unseren Worten viel mehr Gewicht, erhöhen die Wirkung unserer Worte und somit auch unsere Wirkung.
 
Ja, Stilmittel schmücken unsere Vorträge und bringen die Schönheit unseres sprachlichen Ausdruckes zum Vorschein. Und: rhetorische Stilmittel vermeiden Langeweile, erfreuen unser Publikum und unterstreichen unsere Aussagen.
 

Rhetorische Figuren sind aktueller denn je

Schon die alten Griechen und Römer erweckten mit den rhetorischen Stilfiguren ihre Reden zum Leben. Dahinter stecken so berühmte Redner wie Sokrates, Platon, Aristoteles und Cicero. 

Die Liste der Stilmittel ist lang, heute gebe ich Ihnen einen kleinen Einblick. Und obwohl sie in der Antike geprägt wurden, büßen Sie auch heute nichts von ihre Aktualität ein. Im Gegenteil - sie sind aktueller denn je, in der Werbung wimmelt es nur so von rhetorischen Figuren.

Und weil manche denken, sie seien nicht alltagstauglich, sie klängen selbstverliebt, möchte ich sie Ihnen heute an den legendären Sprüchen von Bruce Darnell näher bringen. 

Die meisten von Ihnen werden Bruce Darnell kennen, er ist eine Person des öffentlichen Lebens und hat sich mit seinen emotionalen Auftritten einen Kultstatus erworben. 

In seinen ersten zwei Zitaten:

1. Das war super, super, super langweilisch!

2. Sexy - hot - progressive!

kombiniert er gleich mehrere sprachliche Klassiker, das Trikolon, die Antithese, Klimax und Brevitas.

 

Rhetorisches Mittel 1: Das Trikolon

Das erste ist ein Trikolon. Ein Trikolon ist eine Dreierkombination. Worte, Sätze oder Elemente werden zu dritt angeordnet. Warum nicht zwei oder vier? In drei Elemente steckt mehr Reibung, es entsteht eine höhere Dynamik. Drei Elemente sind rhythmisch, melodiös und verleihen Struktur.

Eine Dreier-Kombi wirkt kurz, prägnant und in sich abgeschlossen. Wir können sie uns leicht merken. Sie können die Wirkung Ihrer Elemente steigern, das dritte Element kann das beste, das schrägste oder humorvollste sein (die Klimax: Steigerung von schwach zu stark).

Die folgenden Beispiele kennen Sie alle:

  • Quadratisch, praktisch, gut
  • Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit
  • Ich kam, sah, siegte
  • Einigkeit und Recht und Freiheit
  • Die drei Neffen von Donald Duck: Tick, Trick und Track
  • Fakten, Fakten, Fakten und immer an die Leser denken
  • Das war super, super, super langweilisch!
  • Sexy-hot-progressiv!
  • Verliebt, verlobt, verheiratet

 

Rhetorisches Mittel 2: Die Alliteration

In "Verliebt, verlobt, verheiratet“ steckt noch eine weitere Stilfigur, dieses Trikolon ist ebenfalls allerativ. Das Trikolon wurde mit einer Alliteration kombiniert. Verliebt, verlobt, verheiratet - alle drei aufeinanderfolgende Worte beginnen mit demselben Buchstaben. Derselbe Anfangslaut lässt die Verbindung der drei Elemente deutlicher und einprägsamer werden.

  • Titel, Thesen, Temperamente
  • Fridays for future
  • Klimaschutz kennt keine Grenzen (Wahlplakat)

Alliterationen im Marketing:

  • Locker leicht leasen
  • Lecker liefern lassen
  • Milch macht müde Männer munter

Im Alltag:

  • Bei Nacht und Nebel
  • Bei Wind und Wetter
  • Durch dick und dünn

In Walt Disney Comics wimmelt es nur so von Alliterationen:

  • Dagobert Duck
  • Daisy Duck
  • Daniel Düsentrieb
  • Mickey Mouse
  • Gustav Gans
  • Lucky Luke (vom Zeichner Maurice De Bevere alias Morris)

Aber auch:

  • Knusper, knusper, knäuschen, wer knuspert an meinem Häuschen?
  • fies wird's in Zungenbrechern: Fischers Fritze fischt frische Fische
  • Blaukraut bleibt Blaukraut und Brautkleid bleibt Brautkleid

 

Rhetorisches Mittel 3: Die Antithese

In Das war super, super, super langweilisch! steckt ein weiteres, sehr beliebtes sprachliches Mittel, welches in den meisten politischen Reden zu finden ist. Die Antithese. Um Reibung zu entfachen stellt die Antithese zwei gegensätzliche Thesen, Begriffe oder Gedanken gegenüber

  • Richtig und falsch
  • Problem und Lösung
  • Himmel und Hölle
  • Groß und klein
  • Die da oben und die da unten
  • Wasser und Wein
  • Heiß und kalt
  • Vorher und nachher
  • Aus alt mach neu
  • Gut und böse
  • Reich und arm
  • Krieg und Frieden
  • Schwarz-weiß
  • David gegen Goliath
  • Frauen kommen von der Venus, Männer vom Mars

Meine Empfehlung: Suchen Sie in Ihren Vortragsinhalten nach Kontrasten und Gegensätzen und stellen sie diese gegenüber. Es heizt Ihre Dramaturgie auf.

 

Bilder, die im Kopf bleiben

An Zitat No. 3 von Bruce Darnell können sich besonders viele von uns erinnern: Die Tasche muss lebendig sein!

Mit diesem Spruch aus dem Jahr 2007 fiel uns Bruce Darnell in der Sendung GNTM auf. Interessanterweise können sich viele von uns immer noch an diesen Spruch erinnern. Warum? Was macht es so einprägsam?

1. Er ist kurz.

2. Er hat eine einfache Wortwahl. 

3. Er setzt etwas zusammen, was eigentlich nicht zusammen gehört - zwei Begriffe aus völlig unterschiedlichen Bereichen unseres Lebens. Tasche .... lebendig...? Damit entwirft Bruce Darnell ein neues Bild, und dieses Bild prägt sich ein. Unter Umständen jahrelang.

 

Rhetorisches Mittel 4: Die Metapher

Eins der wichtigsten stilistischen Mittel aus der Antike ist die Metapher. Nehmen wir eine Metapher wörtlich, ist es meist komisch. Unsere Sprache ist voller bildhafter Ausdrücke:

  • Nicht das Wasser reichen können
  • Auf den Zahn fühlen
  • Die Kuh vom Eis kriegen
  • Aus allen Wolken fallen
  • Du wirst Dein blaues Wunder erleben
  • Schneckentempo
  • Die kalte Schulter zeigen
  • Schwein gehabt
  • Die Flimmerkiste
  • Benzinfresser
  • Heuschrecken
  • Rabeneltern

Die Vergleiche sind eher assoziativ. Mit einer Metapher können Sie Bedeutungen, die weit voneinander entfernt liegen, zusammenfassen. Sie können Dinge in ungewohnte Beziehungen zueinander setzen - das überrascht, verblüfft, hört sich spannend an. Das macht den großen Reiz der Metapher aus. Metaphern eröffnen uns viele Möglichkeiten, mit unseren Vorträgen originell zu wirken.

Grad wenn Sie in Ihrem Vortrag abstrakte Vorgänge oder wissenschaftliche Fakten erklären. Oder wenn man sich in Ihrer Branche eher eine formal oder technisch ausdrückt, lockern Metaphern Ihre Fachvorträge auf und lassen trockene Inhalte lebendig werden.  

 

Rhetorisches Mittel 5: Der Imperativ

Jetzt möchte ich noch Zitat No. 4 von Bruce Darnell beleuchten, dass ich persönlich besonders liebe: Drama, Baby, Drama! Nur drei Worte, aber hinter diesen drei Worten verbergen sich wiederum drei klassische Stilmittel.

1. Der Imperativ - eine klare Aufforderung, prägnant und kurz.  Er dient der Motivation. Sämtliche Befehle stehen im Imperativ.

Unbekanntere Imperative von Bruce Darnell sind:

  • Let yourself go!
  • Ladies, Ladies! Kick Ass!

Weitere bekannte Imperative:

  • Yes, we can!
  • Atomkraft, nein danke!
  • der Slogan von Audi (keine bezahlte Werbung): Vorsprung durch Technik!

 

Rhetorisches Mittel 6: Die Hyperbel

Drama, Baby, Drama! ist ebenfalls eine Hyperbel. Eine Hyperbel ist eine Übertreibung, eine große Übertreibung. Eine Hyperbel übertreibt weit über die Glaubwürdigkeit hinaus. Wozu das Ganze? Eine Übertreibung macht manches verständlicher, anschaulicher und bringt Aussagen auf den Punkt. Sie kann auch komisch wirken: Ich habe Dich zum Fressen gern!

Hyperbel im Marketing:

  • Nichts ist unmöglich!
  • Hammerpreis!
  • Geiz ist geil!

Eine Hyperbel bringt Witz und Humor in Ihren Vortrag. Meine Empfehlung: Nicht zu häufig verwenden, sie nutzt sich sonst ab. Hyperbeln wirken in unserer Umgangssprache am besten.

 

Rhetorisches Mittel 7: Die Brevitas

Drama, Baby, Drama! sind nur 3 Worte. Ebenso wie Bruce Darnells Zitat: Sexy-hot-progressiv! Drei Worte, eine äußerst knappe Ausdrucksweise. Diese Stilfigur nennt man eine Brevitas. Maximaler Inhalt gepaart mit kurzem Statement:

Unser Publikum liebt kurze und gut verständliche Sätze. Meine Empfehlung: Reduzieren Sie Ihre Inhalte auf das Wesentliche. Achten Sie auf knackige Formulierungen und verwenden Sie - wenn es in Ihren Kontext passt -  plakative Aussagen.

0 Kommentare

Einen Kommentar schreiben