von Birgit Schürmann

Netzwerken: Geben ist erfolgreicher, als Nehmen

Ein Interview mit der Netzwerkexpertin, Veranstalterin und Trainerin für Netzwerkaufbau und Motivation Daniela Kreißig. Sie ist Organisatorin von Events, auf denen sich Business-Frauen und Unternehmerinnen treffen.

 

Mehr Geben als Nehmen

Birgit: Was ist für Dich optimales Netzwerken?

Wenn ich andere unterstützen und ihnen weiterhelfen konnte. Das muss nicht immer die Vermittlung eines großen Auftrages sein, es reicht auch ein Tipp oder eine Weiterempfehlung. Wenn sich dann jemand bei mir bedankt - dann ist das ideales Netzwerken. Dann habe ich jemandem geholfen, ihn glücklich gemacht und das macht Spaß.

Birgit: Der Gedanke ist also: Mehr Geben, als Nehmen. Warum ist das so?

Das hat sicherlich mit dem Beziehungskonto zu tun. Wenn ich immer einzahle, dann darf ich irgendwann etwas nehmen. Die meisten wollen auch etwas zurück geben. Daher sollte man zuerst geben, damit man dann auch etwas einfordern kann oder sagen kann: Hilf mir mal bitte! Das macht dann der andere in der Regel gern.

Birgit: Kann ich ich denn mit einem kurzen Gespräch im Gedächtnis bleiben?

Ja, auf jeden Fall! Um Gottes willen sollte man den anderen nicht überfallen mit: Ich bin die Größte, die Tollste in XY und Du musst unbedingt bei mir buchen! Dann bleibt man negativ im Gedächtnis - positiv im Gedächtnis bleibe ich mit traditionellen Werten wie: zuhören, ich selbst sein und mich wirklich für den anderen interessieren.

 

Lockerer Einstieg ins Gespräch

Birgit: Es fällt nicht jedem leicht, auf andere zuzugehen und viele wissen nicht, was sie sagen sollen. Es gibt Smalltalk-Intros wie: Was machen Sie beruflich? Das ist zwar ein Klassiker, aber ich muss gestehen: Ich finde ihn einfallslos. Wie steigt man optimal, gut und locker in ein Gespräch ein?

Bei Veranstaltungen, zum Beispiel auf einem Kongress, empfehle ich, während der Kaffeepause andere Teilnehmer zu fragen: Wie fanden Sie den Vortrag? War das Ihr Thema? Kennen Sie die Referentin? Wo kommen Sie her? Schlafen Sie im gleichen Hotel? Wie war Ihre Anreise?

Ideale Einstiegsfragen sind Fragen rund um den Veranstaltungstag. Darüber erfährt man auch, was der andere beruflich macht.

Birgit: Für den Aufbau eines Gespräches ist es wichtig, nach Gemeinsamkeiten zu suchen. Das ist ein großartiges Mittel, um eine Vertrauensbasis herzustellen, denn Gespräche leben von Nähe und Vertrautheit. Welche Methoden nutzt Du, um eine tragfähige Beziehung aufzubauen, damit sie langfristig hält?

Wichtig ist es, dass ich mich für den anderen interessiere. Ich bin ein sehr neugieriger Mensch, ich finde es immer wieder spannend, was mein Gesprächspartner macht, wie er dazu gekommen ist, mit welchen Herausforderungen er zu kämpfen hat und wo er hin will. Über diese Fragen und Antworten findet man automatisch Gemeinsamkeiten und kommt sich pö a pö näher.

 

Wie geht es nach dem Gespräch weiter

Birgit: Welche Gespräche haben bei Dir zu einem kontinuierlichen Kontakt geführt?

Eigentlich sehr viele. Man hat nicht gleich am nächsten Tag einen neuen Kunden. Es sind auch viele Gespräche, die daraus entstehen, dass man eine Person auf verschiedenen Veranstaltungen wiedersieht. Deswegen empfehle ich meinen Kunden: Geht regelmäßig raus! Wer nur einmal in 6 Monaten zu einer Netzwerkveranstaltung geht, an den kann sich niemand erinnern!

Dann fangen Sie wieder bei Null an.

Und dann gibt es Menschen, da passt die Chemie, die Branche und man sitzt schon 14 Tage später zusammen. Anderen kommt man erst nach 3-4 Jahren näher. Aber damit das geschehen kann, muss man sich regelmäßig blicken lassen.

Was ich nicht empfehle, ist den anderen mit irgendwelchen Angeboten per Mail zu überschütten, sofern das nicht explizit vereinbart war.

Birgit: Ist es sinnvoll, sich hinterher Notizen zu machen?

Grundsätzlich ja, aber ich rate davon ab, sich währenddessen auf einem Din-A-4 Block Notizen zu machen.

 

 

Vorbereitung aufs Netzwerken

Birgit: Wie bereitest Du Dich auf Netzwerktreffen vor?

Wenn es eine öffentliche Gästeliste gibt, dann schaue ich sie durch und schaue, ob jemand dabei ist, den ich noch nicht kenne, den ich aber gern kennen lernen möchte. Dann sehe ich zu, dass ich auf der Veranstaltung mit ihm in Kontakt komme. Gibt es keine öffentliche Gästeliste, gehe ich offen, unvoreingenommen und entspannt hin und habe eine Vorfreude auf die neuen Personen, die ich kennen lernen werde.

Birgit: Der Gedanke: Was bringt mir der Kontakt? ist sicher nicht unwichtig. Ich will keine Zeit verschwenden und will Kontakte knüpfen, die mich weiterbringen. Wenn ich aber bei meinem Gesprächspartner spüre, dass er mich auf meine Relevanz abklopft, finde ich es unangenehm. Wenn ich einen Gesprächspartner habe, von dem ich schnell merke, dass er mich beruflich nicht weiterbringt, könnte es ja trotzdem ein super Gespräch werden. Und ich weiß ja nie, wohin sich eine Person entwickelt oder welche Kontakte sie hat. Wie hältst Du die Balance?

Netzwerkaufbau ist langfristig. Nach einem 10-Minuten Gespräch wird mir jemand, den ich am Montag kennen lerne, nicht am Mittwoch einen großen Gefallen tun. Wenn ich mit dem Gedanken: „Die andere Person nützt mir nichts“ in ein Gespräch gehe, dann schade ich mir. Ich kann mir nicht anmaßen, zu wissen, was mein Gesprächspartner in 2 oder 3 Jahren macht.

Es ist wichtig, dass man wertungsfrei und unvoreingenommen herangeht, denn ich weiß nicht, wen er kennt, wohin er sich entwickelt und ich kann nicht abschätzen, welches Netzwerk er hinter sich hat. Manchmal werden schüchterne oder introvertierte Menschen unterschätzt, weil man einer „Rampensau“ mehr vertraut.

Introvertierte Menschen haben manchmal ein Riesennetzwerk, aber kehren es nicht nach außen. Daher sollte man wertungsfrei bleiben, sich für den Menschen, völlig unabhängig von seiner Position, interessieren und sich freuen, so jemanden kennengelernt zu haben.

 

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