von Birgit Schürmann
10 Tipps: So moderieren Sie erfolgreich virtuelle Meetings
Online ticken die Uhren anders
Einem Präsenzvortrag folgen wir locker 45 - 60 Minuten. Ist der Vortrag für uns relevant, dann noch länger. Online bringen wir es nur auf etwa 25-30 Minuten. Das bedeutet: Die Uhren ticken online anders. Schneller als in der analogen Welt. Veranstalten Sie ein Online-Seminar, fällt ein Fünftel des Inhalts unter den Tisch. Warum?
Lange über einen Bildschirm zu kommunizieren, ist für uns anstrengend. Stressig für die Augen. Wir müssen mehr arbeiten, um unsere Konzentration zu halten. Es stresst auch, wenn die Technik nicht so will, wie wir es wollen.
Interaktiv die Aufmerksamkeit behalten
Dazu kommt: wird es langweilig, schweifen wir wesentlich schneller ab. Mal eben die neue Mail checken. Die WhatsApp-Nachricht beantworten. Dann nur noch zwei weitere Klicks und wir sind in einer anderen Welt. So schnell sind wir im Präsenz-Meeting oder Seminar nicht aus der Tür.
Für Sie als Moderator/in gilt dann: Planen Sie die virtuellen Meetings so kurz wie möglich. Geben Sie alles, um die vereinbarte Länge auch einzuhalten. Halten auch Sie sich kurz, strukturieren und kürzen Sie Ihre Wortbeiträge. Verzichten Sie auf längere Monologe und geben Sie schnell das Wort weiter.
Fordern Sie Ihre Teilnehmer/innen und kommunizieren Sie mit ihnen! Gehen Sie früh in den Dialog. Wichtig ist, dass sie aktiv werden, mitdenken, sich einbringen, untereinander austauschen und nicht in die passive Beobachterrolle fallen.
Abwechslung ist Trumpf! Halten Sie Ihre Teilnehmenden bei der Stange. Nach 10-15 Minuten brauchen sie UNBEDINGT eine Veränderung. Folien erschöpfen sich schnell - achten Sie eher auf eine gute Mischung zwischen Inhalt und Interaktion.
5 Tipps für mehr Abwechslung im Meeting
1. Virtuelles Kaffeekränzchen? Ja bitte!
Geben Sie ihren Teilnehmern/innen 5-10 Minuten Zeit, um anzukommen. Vor allem, wenn sie sich nicht kennen und zum ersten Mal aufeinander treffen. Geben Sie ihnen und sich Zeit, miteinander warm zu werden. So wie im anlogen Leben bietet sich ein Netzwerkplausch an. Ja, oft entsteht das Pläuschen von selbst, weil Teilnehmer/in nicht hören oder sehen sind.
Nennen Sie das Kaffeekränzchen mit einer Dauer von 5-10 Minuten bitte auch Kaffeekränzchen oder Zeit zum ankommen oder ähnlich. Damit alle wissen: Das ist die Zeit, die NUR fürs Kennenlernen eingeplant ist und es ist KEINE Wartezeit, weil noch irgendein technisches Problem gelöst werden muss.
2. Fragen, Umfragen und Quiz
Fragen beleben nicht nur jedes Gespräch, sondern auch jede Besprechung. Fragen strukturieren die Meetings und beziehen alle Teilnehmer mit ein. Stellen Sie zur Aktivierung Ihrer Teilnehmer mehr Fragen, als üblich. Damit regen Sie an, dass Ihre Teilnehmer:innen dranbleiben und schnell reagieren. Fragen Sie so etwas wie: "Wie geht’s?" und "Welche Stimmung herrscht heute vor?" auch: "In welcher Reihenfolge wollen Sie vorgehen?","Wer ist für Lösung 1, wer für Lösung 2?", "Frau Schmidt, haben wir Ihrer Meinung nach an alles gedacht oder fehlt noch was?", "Was sollen wir das nächste Mal verändern oder verbessern?", "Welche Wünsche haben Sie für das nächste Mal?", usw..
Erstellen Sie Umfragen. Ich empfehle Mentimeter.com. In Nullkommanichts sammeln Sie Meinungen, Feedbacks oder Wissen. Einfach zu bedienen und kein Teilnehmer muss sich registrieren lassen. Oder ein Quiz - da bietet sich Kahoot an, ein Tool für Lehrer, aber lassen Sie davon sich nicht abschrecken, ich habe in meinen Seminaren super Erfahrungen mit der spielerischen Lernplattform gemacht. Neben der Wissensvermittlung macht es den Teilnehmer:innen viel Spaß.
3. Auf keinen Fall dröge
Wie auch in der analogen Welt bringt Ihnen Auflockerungen zu Beginn der Besprechung eine Menge für den gesamten Verlauf. Die Stimmung, der Aufbau von Nähe in den ersten paar Minuten entscheidet. Stellen Sie Fragen wie: "In welcher Stadt sind Sie?", "Wenn Sie aus dem Fenster gucken, was sehen Sie da?" oder: "Wählen Sie einen Gegenstand von Ihrem Schreibtisch. Warum haben Sie ausgerechnet diesen Gegenstand gewählt?". Nutzen Sie den Überraschungseffekt. Die meisten Teilnehmer erwarten ein trockenes Meeting. Mit launigen Fragen rechnet niemand. Um das Eis zu brechen, sind Ihrer Kreativität keine Grenzen gesetzt.
4. Interaktion in Kleingruppen
Fast alle Anbieter von Videokonferenzen können mittlerweile die Teilnehmenden in Kleingruppen sortieren. Schicken Sie Ihre Teilnehmer:innen mit einer Aufgabe in sogenannte Breakout Rooms. Entweder würfeln Sie die Gruppen zufällig zusammen, gehen nach Plan vor oder Ihre Teilnehmenden entscheiden selbst, in welche Gruppe sie wollen gehen. In den Breakout Sessions können sie sich beschnuppern, austauschen und später für die gesamte Gruppe ihre Ergebnisse präsentieren.
5. Visualisieren mit Whiteboard oder Padlet
Dass man eine vorgefertigte PowerPoint teilen kann, wissen Sie inzwischen alle. Online Whiteboards sind mittlerweile feste Tools vieler Dienstleister für Videokonferenzen. Sie können darauf Texte schreiben, Mindmaps oder Diagramme zeichnen. Ergebnisse zusammenfassen, pro-contra gegeneinander stellen, Lösungen festhalten.
Inzwischen nutze ich für meine Seminare das Padlet. Und ziehe die Software, die wie eine digitale Pinnwand funktioniert, dem Whiteboard von Zoom und MS Teams vor. Sie können das Padlet selbst konfigurieren, sehr einfach Links und Fotos hochladen und die gesamten Ergebnisse des Meetings darauf festhalten. Bis Sie es aktiv löschen, haben die Teilnehmenden darauf Zugriff und können alles herunterladen. In der Basisversion ist das Padlet kostenfrei.
Gute Technik ist Trumpf
Beim Präsenzmeeting sehen wir den ganzen Mensch. Die gesamte Körpersprache. Wir fühlen die Energie des Menschen. Wir erleben ihn oder sie auch vor und nach der Konferenz. Während eines digitalen Meetings bekommen wir über den Bildschirm nur einen Ausschnitt geliefert. Da wir nicht die gesamte Körpersprache lesen können, werden jetzt Gesicht, Augen und vor allem der Ton superwichtig.
Wollen Sie professionell rüberkommen, dann reicht ein Mikrofon im Computer reicht nicht aus. Ein Headset mit Kabel ja, das funktioniert schon. Ein externes Mikro ist hingegen Gold wert. Ich persönlich bin (für meine Seminare) ein großer Fan einer wunderbaren Kamera mit eingebautem Mikrofon, der LOGITECH C920 HD Pro Webcam (unbezahlte Werbung). Die Teilnehmenden meiner Seminare versichern mir regelmäßig einen guten Klang und ich finde, sie macht ein tolles Bild und ich sehe gut aus.
3 technische Grundlagen, die Ihr Bild in den Fokus rücken
6. Gutes Licht
Sie brauchen natürlich gutes Licht, damit man Sie gut sieht. Wenn ich Ihre Augen nicht gut erkennen kann, weil ein Schatten drüber liegt, weil die Kameraeinstellung gruselig ist, das Bild hängt oder es eine andere technische Störung gibt, dann ist die Person am anderen Ende der Leitung schnell im Internet verschwunden oder sitzt gar nicht mehr vorm PC.
Ich persönlich mag neutrales Tageslicht und nehme gern am Fenster auf. Zur Unterstützung des Lichtes stelle ich noch eine Ringleuchte auf, die ich dimmen kann. Probieren Sie mehrere Lichtquellen aus. Licht von oben wirft Schatten. Ich empfehle Licht von der Seite. Oder stellen Sie es schräg links und rechts vor sich auf. Das schafft mehr Atmosphäre und das Bild wirkt tiefer und Sie plastischer.
7. Der Hintergrund
Es muss nicht unbedingt ein Green Screen sein. Aber die Optik spielt eine große Rolle. Wo sitzen Sie? Schaffen Sie Ruhe im Hintergrund. Das bedeutet nicht, dass Sie die Bücher im Regal hinter Ihnen nach Farben sortieren müssen.
Aber denken Sie darüber nach, wie Sie wahrgenommen werden wollen. Die Umgebung sagt viel über sie aus. Eine ordentliche Umgebung erhöht die Kompetenzvermutung.
Sehe ich in eine Küche hinein und steht ein Kind in der Küchentür? Mich persönlich rührt so ein Bild sehr, bei mir stellt es Nähe her, aber es kommt immer drauf an, was Sie preisgeben wollen. Machen Sie ein Selfie und überprüfen Sie Ihren Hintergrund. Die Konzentration soll auf Ihnen liegen und nicht zu irgendeinem Detail in ihrer Umgebung wandern.
8. Kamera auf Augenhöhe
Stellen Sie die Kameralinse Ihres Computers, Laptops oder Smartphones auf der Höhe Ihrer Augen auf. Ich lege Bücher unter mein Laptop, bis die Höhe stimmt.
Kürzlich sah ich eine Aufzeichnung eines Meetings. Einer der Teilnehmer hatte die Linse wesentlich tiefer als seine Augen platziert. Man schaute also zu ihm hoch. Dann dachte er während des Sprechens expressiv nach und blickte zur Decke. Als Zuschauer sah man vorwiegend weiß....
Das Auge des Zuschauers sitzt in Ihrer Kamera
Während einer Videokonferenz sprechen vielen Teilnehmer zum Bild. Also zur Person, die sie auf dem Bildschirm sehen. Das ist im realen Leben ganz normal. Wir sehen unsere/n Gesprächspartner/in an und halten den Blickkontakt. Für die virtuellen Meetings bedeutet das aber: Wenn Sie Teilnehmern antworten, müssen Sie in die Kamera schauen, da sind seine Augen!
Der Augenkontakt wird über die Kamera hergestellt. Das ist eine zweigeteilte Aufmerksamkeit. Mit ein bisschen Übung klappt das ohne Probleme. Man gewöhnt sich dran.
2 Tipps zur guten Verständlichkeit
9. Sprechtempo drosseln
Sind 200-300 Teilnehmer im virtuellen Raum, sehen wir oft niemanden auf unserem Bildschirm. Das gibt der Platz oder die Technik nicht her. Wir sprechen also in eine Linse ohne ein Gegenüber. Wir können uns nicht mit unseren Zuschauern austauschen und erhalten kein Feedback.
Das verunsichert uns und wir sprechen schneller. Werden vielleicht sogar atemlos. Wenn es mit der Zeit nicht besser wird, dannbitten Sie eine Person, dass sie sich neben Ihre Kamera stellt und Sie sprechen zu ihr. Oder sie kleben ein Foto direkt neben die Linse und sprechen zu der Person auf dem Foto.
10. Kein Erbarmen mit den Satzlängen
Kurzen Sätzen können unsere Zuhörer:innen viel besser folgen, denn wir setzen häufiger einen Punkt. Unsere Stimme geht am Satzende runter und gibt den Zuhörer:innen eine Sekunde Pause. Das entspannt sie und macht sie aufnahmebereiter für das, was kommt.
Meine Empfehlung: Zerteilen Sie alle langen Sätze in viele kurze Sätze. Fernsehmoderatoren sind darin spitze! Bei Barbara Schöneberger können Sie es super beobachten: Ein Gedanke ist bei ihr ein Satz.
Vielen Dank an Alexandra_Koch für ihr Bild auf Pixaby.
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